Mitteilungsheft. Leider hat Lukas…
Vor vielen Jahren – so meine unterhaltsamste Mitteilungsheft-Geschichte – hatte ich einen Schüler, der Eintragungen in seinem (und anderen) Mitteilungsheften fälschte; nicht aber, um sich einen Vorteil zu verschaffen („Morgen endet der Unterricht bereits um 12h“), sondern um Verwirrung zu stiften.
Da stand dann etwa: „Ihr Sohn ist ein Prolet“ (gezeichnet die Englischlehrerin); in den meisten Fällen erfolgte keine Unterschrift, in vielen Fällen wurde einfach unterschrieben; Rückmeldungen der Eltern gab es keine.
Das ist hier ganz anders: Walter Gruber nimmt sich der schulischen Karriere seines Sohnes Lukas, der 13 und vorwiegend an seinem Smart-Trottel interessiert ist, ganz ernsthaft an und sieht sich plötzlich mit einer ungeheuren Fülle an langatmigen, oft skurrilen Mitteilungen der Schule an die Eltern (Teil einer Triangel, wie der Direktor meint) konfrontiert. Nichtigkeiten werden aufgeblasen, die Turnlehrerin ist der deutschen Sprache dabei nicht ganz mächtig, der Klassenvorstand (Reingard Söllner) hingegen befleißigt sich einer gehobenen Sprache (sie wünscht sich etwa, dass die Eltern „erscheinen“). Und Walter Gruber führt einen verzweifelten Kampf in einer Welt, die zusehends kafkaesk wird.
Glattauer hat (hoffen wir!) überzeichnet – ja, hat er, meinen Erfahrungen nach, aber in der Substanz hat er Recht. Vor allem AHS-Lehrer/innen können sich nicht von dem Gedanken verabschieden, dass Eltern tatkräftig beim Lehrjob mitzuarbeiten haben, sprich Arbeitsblätter nummerieren, Hausübungen kontrollieren, Kostüme für eine läppische Aufführung kreieren etc. etc. Wer also dieses ziemlich vergnügliche Buch zwischen den Zeilen liest, wird zumindest einen Teil der Lehrerschaft als zwangsneurotisch, verständnislos und abgehoben ansehen müssen; aber das ist ja nicht wirklich etwas Neues. Gleichzeitig aber vermeidet es Glattauer, Schüler und Eltern zu glorifizieren. Zum Ausgleich gibt es einen einigermaßen sachlichen Anhang, in dem wichtige Schulbegriffe (von AHS bis Wörterbuch) erklärt werden. Lesen Sie es (und freuen Sie sich auch an den Illustrationen von Verena Hochleitner), denn es holt Sie ein bisschen in die Triangel-Realität zurück.
Wien: Kremayr-Scheriau 2013; S. 191