Gehörbildung mit Youtube üben

"Gehörbildung kann man nicht alleine üben". Diesen Satz habe ich schon zu Musikschulzeiten von meinem Theorie- und Gehörbildungslehrer gehört, später von meinen Professoren an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln.

Später habe ich den Satz irgendwann selbst zu meinen Schülerinnen und Schülern gesagt. Gemeinsam Gehörbildung zu üben ist natürlich am Effektivsten, es ist aber auch mühselig: man muss Mitstreiter finden, die Hörbeispiele vorbereiten und vorspielen, Zeiten finden, an denen man sich treffen kann, Orte, an denen man niemanden stört usw.

Zusätzlich erschwerend wirkt folgendes Mantra: „Gehörbildung muss man regelmäßig üben, am besten täglich.“
Das ist dann wirklich mitunter schwierig zu bewerkstelligen: Vollgepackte Stundenpläne und die Schule oder das Studium flankierende Freizeitaktivitäten erschweren die Verabredung zur täglichen Übung doch bedeutend.

Natürlich gibt es Möglichkeiten, auch im stillen Kämmerlein für sich alleine zu üben. Allerdings kann man alleine am Klavier nicht alle etwa für eine Aufnahmeprüfung erforderlichen Aufgabentypen bearbeiten, zudem ist die Nachbereitung oft zeitintensiver als die eigentliche Übung (wie z.B.: die Noten des Musikstücks herauszusuchen, dessen Melodie man gerade bei Youtube herausgehört hat).

Zu guter Letzt gibt es die Möglichkeit der Gehörbildungsprogramme – oft außerhalb der finanziellen Möglichkeiten meiner Schülerinnen und Schüler, oft unbefriedigend, sei es, weil die unsäglichen Midi-Sounds verwendet werden, weil die Aufgabenzahl begrenzt ist, weil die Aufgaben nicht zu den Anforderungen der kommenden Aufnahme- / Abschlussprüfung passen, weil die Aufgaben zu leicht oder zu schwer sind…

Ear training / Gehörbildung auf Youtube

Dieser Problematik wollte ich mit einem Youtube-Gehörbildungskanal begegnen:
Ear training / Gehörbildung
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Ziel ist es, im Laufe der nächsten Jahre zu unterschiedlichen Aufgabentypen Übungsmöglichkeiten mit Lösungen zur Verfügung zu stellen, die alleine und ohne allzu großen Aufwand bewerkstelligt werden können. Dabei wird neben der Verwendung eines echten Klaviersounds vor allem Wert gelegt auf die Passgenauigkeit der Aufgabentypen. Ihre Konzeption orientiert sich in erster Linie an Musteraufgaben von Aufnahmeprüfungen unterschiedlicher Hochschulen und der dort erfahrenen Praxis. Darüber hinaus werden Anregungen und Vorschläge durch die Community über Beteiligung auf dem Kanal und in verschiedenen Foren, (vielleicht auch hier?) nicht zuletzt durch meine Schülerinnen und Schüler und Kollegen berücksichtigt.

Das gemeinsame Üben soll hierdurch nicht ersetzt werden: die Diskussion, die gegenseitigen Erklärungen, das spontane Reagieren auf akute Bedürfnisse innerhalb von Lerngruppen kann schlicht und ergreifend nicht ersetzt werden und ist für den Fortschritt des Lernens unerlässlich. Allerdings kann ein solcher Kanal meines Erachtens regelmäßiges und nachhaltiges Üben gewährleisten und unterstützen.

Die Zielgruppe des Kanals sind (Musikschul-)Schülerinnen und Schüler, die sich auf eine Aufnahmeprüfung vorbereiten oder bei denen Gehörbildung ein Teil ihrer schulischen Ausbildung ist und Musik-Studierende, die sich auf ihre Abschlussprüfung vorbereiten. Darüber hinaus (wie ich überrascht feststellen durfte) nutzen interessierte Laien den Kanal.

Auszug aus den Übungen:

Aufbau der Übungen:

Aufgabentypen:

  • Intervalle mit gleichbleibendem Basston
  • Dreiklänge
  • Akkorde (vierstimmig)
  • Tonale Melodien
  • Zweistimmige Melodien
  • Vierstimmige Melodien (mit dem Schwerpunkt Bachchoral)
  • Atonale Melodien (bei all diesen Aufgaben kommen ausschließlich Literaturbeispiele zum Einsatz)
  • Atonale Reihen (6 Töne und 12 Töne)
  • Cluster (das Cluster wird hierbei Ton für Ton aufgebaut, es ist zu hören, welcher Ton jeweils dazu kommt)
  • Aufnahmeprüfungen (hierbei sollen die Übungsklausuren unterschiedlicher Hochschulen als Soundbeispiele zur Verfügung gestellt werden samt Link zu weiteren Prüfungsmöglichkeiten)

Geplant sind noch eine Reihe weiterer Aufgabentypen:

  • Grundtonbezogenes Hören
  • Intervalle mit wechselndem Basston (der dann auch nicht mehr vorgegeben wird)
  • Rhythmus
  • Kadenzen
  • Fehlerhören
  • Gehörbildung für Absolut-Hörer
  • und viele mehr

Martin Brenne (*1984) studierte Deutsch auf Lehramt, Schulmusik und Tonsatz in Köln. 2012 gründete er mit drei Kollegen das Komponistenkollektiv zeitKlang. Seit 2016 hat er einen Lehrauftrag an der Hochschule für Kirchenmusik in Herford inne.